Kreisgruppe Minden-Lübbecke

Der lange Weg - Vielversprechender Maßnahmenstart und die Fortsetzung?

09. März 2022 | Gewässerschutz, Artenschutz, Ösper, Petershagen

Die Ösper bei Gewässer-km 2,7 in Eldagsen. Schlechte Noten für die Gewässerstruktur!  (Foto: BUND Petershagen)

Zur Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie an der Ösper

Der dritte und vorerst letzte Bewirtschaftungs-plan zur Umsetzung der EU-Wasserrahmen-richtlinie (WRRL) trat im Dezember 2021 in Kraft. Ein wesentliches Anliegen der Richtlinie aus dem Jahr 2000: Wasser, Gewässer sowie ein nachhaltiger Ressourcenschutz betreffen die gesamte Gesellschaft. Eine breite Beteiligung der Öffentlichkeit in allen Phasen bei Planung und Umsetzung der Maßnahmen ist deshalb erforderlich. Das Ziel: der gute ökologische und gute chemische Zustand der Gewässer.
Der BUND in OWL will zu Beginn der letzten Umsetzungphase am Beispiel ausgewählter Fließgewässer folgenden Fragen nachgehen: Was ist in den ersten beiden Umsetzungsphasen geschehen und wo stehen wir auf dem Weg zum Ziel der Richtlinie heute? Die Gewässerstrukturen, also die vom Fließprozess erzeugte Formenvielfalt, stehen dabei im Mittelpunkt. Der chemische Zustand wird nicht einbezogen.
Im Kreis Minden-Lübbecke fiel die Wahl auf die Ösper, einen Tieflandbach im Nordosten des Kreises. Sie entspringt in Hille im Ortsteil Nordhemmern und mündet nach ca. 14,5 km in Petershagen-Ort in die Weser. Größere Begradigungen des Gewässerlaufs fanden schon Anfang des 20. Jahrhunderts statt. Der vollständige Ausbau begann Ende der 1960er Jahre und war Anfang 1970 abgeschlossen. Kurz danach dann die Kehrtwende! Gewässer sollen endlich als Teile des Naturhaushalts bewirtschaftet werden.

Kehrtwende: Die Ösper soll leben – was geschah?
Noch vor Inkrafttreten der WRRL im Jahr 2000 forderte der BUND vor Ort, der Ösper wieder mehr Naturnähe zu verschaffen. 2008/2009 kam es zu einer breiten Öffentlichkeitsarbeit von BUND, Ortsheinmatpflege und Kulturgemeinschaft. Diese setzte der BUND in den Folgejahren fort, bis 2014 ein Gewässerabschnitt kurz oberhalb der Mündung in die Weser renaturiert wurde. Ein langer Weg bis zum Maßnahmenstart zur Umsetzung der WRRL an der Ösper! Dabei existierten schon viele verschiedene Planungswerke auf Papier:
2004 Konzept für naturnahe Entwicklung von Fließgewässern (KNEF) für die Ösper
2005 Landschaftsplan “Vom Mindenwald zum Heisterholz” mit Entwicklungszielen für die Ösper
2009 1.Bewirtschaftungsplan zur WRRL einschließlich Maßnahmenprogramm
2012 Konzept zur Verortung und Konkretisierung von Programm-Maßnahmen aus den Bereichen Hydromorphologie und Durchgängigkeit zur Erreichung des guten ökologischen Zustandes bzw. Potenzials in den Fließgewässern im Kreis Minden-Lübbecke (Verortungskonzept bzw. Umsetzungsfahrplan)


Wie naturfern/naturnah ist die Ösper heute und was ist geplant?
Nach Abschluss der ersten Maßnahme zur Vergrößerung der Strukturvielfalt im Jahr 2014 gab es in der zweiten Umsetzungphase zur WRRL (2015 – 2021) am monotonen Gewässerlauf keine weiteren Verbesserungen. Im folgenden sind Ist-Zustand und geplante Maßnahmen kurz zusammengefasst.

  • Ist-Zustand - Ösper in Orange: Die Gewässerstrukturkartierung der Ösper auf ganzer Länge erfolgte im Jahre 2012. Die damals ermittelten Klassenwerte der Gesamtstruktur in 100-m-Kartierabschnitten sind bis auf den renaturierten Bereich im Unterlauf gleich geblieben. BUND-Mitglied Karlheinz Meier hat die Werte in einem Strukturgütediagramm (Abb. 1) dargestellt. Mit den fast duchgehend orangenen Säulen als Farbsymbol für eine sehr starke Veränderung zeigt es auf einen Blick, welch ein ernüchterndes Erscheinungsbild die Ösper bietet. Unter diesem Diagramm stehen zum Vergleich auch die neuen Kartierdaten des umgestalteten 1 km langen Unterlaufs. Eine Fotowanderung entlang des Flusses im Internet ermöglicht, sich ein schnelles Gesamtbild im Jahre 2012 zu machen. Auch die verbesserten Strukturen nach der Umgestaltung des Unterlaufs mit Bildern aus dem Jahre 2018 sind dort einsehbar. Das Foto bei Gewässer-km 0,9 * aus der Fotowanderung zeigt die neu gewonnene Strukturvielfalt (Abb. 2). Als Vergleich siehe den gleichen Ösperabschnitt kurz vor der Umgestaltung (Abb. 3).
    * jetzt Gewässer-km 1,2 aufgrund Verlängerung des Ösperlaufs infolge Renaturierung
  • Sieben Strahlursprünge für die Ösper: Nach dem Strahlwirkungskonzept kann der gute ökologische Zustand nur erreicht werden, wenn ausreichend Strahlursprünge angelegt werden, in denen eine größere Strukturvielfalt anzustreben ist. Das Verortungskonzept von 2012 weist insgesamt sieben solcher Strahlursprünge für die Ösper aus. Deren Verortung ist Abb.1 grob entnehmbar. Nach dem im Jahr 2014 entwickelten ersten Strahlursprung soll in Petershagen-Maaslingen ein zweiter entstehen (Verfahrensbereich zwischen den kleinen, schwarzen Markierungen).
  • Bodenordnungverfahren erst seit 2019: Für die notwendige Flächenbereitstellung in Maaslingen läuft seit 2019 ein beschleunigtes Zusammenlegungsverfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz. Den Kommunensteckbriefen auf der Internetseite der Bezirksregierung Detmold ist weiterhin zu entnehmen, dass es Überlegungen zu einem weiteren Flurbereinigungsverfahren für die Ösper im Bereich Friedewalde der Stadt Petershagen und Holzhausen II der Gemeinde Hille gibt.
  • Drei Programmmaßnahmen:
    Das Maßnahmenprogramm des aktuellen Bewirtschaftungsplans setzt Maßnahmen für die Ösper fest. Es handelt sich hierbei aber nur um allgemein formulierte Programmmaßnahmen (PGM) für die beiden Wasserkörper der Ösper:
    PGM 71: Maßnahmen zur Habitatverbesserung im vorhandenen Profil
    PGM 72: Maßnahmen zur Habitatverbesserung im Gewässer durch Laufveränderung, Ufer- oder Sohlgestaltung
    PGM 69: Maßnahmen zur Herstellung/Verbesserung der linearen Durchgängigkeit. Ein Maßnahmenbedarf besteht bei Gewässer-km 12.1 (Sohlabsturz , siehe Abb. 4).

    Zu diesen PGM wird auf die Maßnahmenübersichten gem. § 74 LWG der Bezirksregierung Detmold verwiesen, die aber nichts Konkretes anzubieten haben.

Wer mehr erfahren und sich in die nicht einfachen Dokumente der WRRL vertiefen möchte, findet Informationen auf der offiziellen Internetseite des Landes NRW zur Umsetzung der EU-WRRL:
https://www.flussgebiete.nrw.de/ sowie im Fachinformationssystem der Wasserwirtschaftsverwaltung www.elwasweb.nrw.de/.
Die Bezirksregierung Detmold bietet Internetseiten zu den
Maßnahmenübersichten nach § 74 LWG und dem
Bodenordunngsverfahren Ösper-Maaslingen.


Fazit:

  • Zu Beginn der dritten und vorerst letzten Bewirtschaftungsphase fehlt jegliches Informationsmaterial, das sich an eine breitere Öffentlichkeit richtet und über den Stand der Arbeiten informiert. Für die Ortsgruppe Petershagen des BUND, die mit viel Engagement das öffentliche Interesse an der Umgestaltng der Ösper geweckt und damit auch wesentlich den Maßnahmenbeschluss in den kommunalen Gremien im Jahr 2013 herbeitgeführt hatte, ist die jetzige Situation besonders enttäuschend.
  • Enttäuschend ist auch die Unübersichtlickeit der Unterlagen. Gut überschaubare Umsetzungsfahrpläne wurden durch Maßnahmenübersichten ersetzt, die keine Übersicht anzubieten haben.
  • Zur Erreichung des vorgegebenen ökologischen Zielzustandes wird für die Ösper und die weiteren Gewässer in OWL eine Fristverlängerung bis 2045 festgeschrieben. Die aktuell gültige Fassung der WRRL schreibt für die jetzt laufende dritte und abschließende Umsetzungsphase das Jahr 2024 als Maßnahmenende vor, damit die Gewässer in den dann noch verbleibenden drei Jahren sich zum Zielzustand hin entwickeln können. Diese Widersprüche müssen aufgeklärt werden.
  • Wegen der bisherigen zögerlichen Umsetzung der WRRL wird deutlich, dass die Richtlinie verlängert werden muss, um ihre Ziele zu realisieren. Wenn aber der Weg zum Zielzustand weiterhin so unentschlossen aufgenommen wird wie bisher, bleibt auch das Jahr 2045 ein illusionäres Zeitziel. Und wenn der Weg überhaupt zum Ziel führen soll, dann muss die Öffentlichkeit mehr beteiligt werden, dann muss vor allem auch das Flächenmanagement an Ösper und Co. ab sofort an oberster Stelle stehen! Denn ohne Platz kein guter Zustand!

Link:
Presseerklärung des BUND-Landesverbandes zum Abschluss der Öffentlichkeitsbeteiligung zum Entwurf des Bewirtschaftungsplanes 2022 – 2027 im Juni 2021
https://www.bund-nrw.de/presse/detail/news/landesregierung-verschleppt-gewaesserschutz/


Abbildungen:
Abb. 1: Strukturgütediagramm der Ösper
Abb. 2: Bildkopie aus der Fotowanderung entlang der Ösper
Abb. 3: Die Ösper kurz vor der Umgestaltung
Abb. 4: Querbauwerk in der Ösper mit Maßnahmenbedarf

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